Montag, 21. Mai 2012

Chessmachine als Schachstation

Anno 1991: Bei der 11. Mikrocomputer-Weltmeisterschaft in Vancouver gewinnt Ed Schröder mit seinem Programm Gideon zum ersten Mal den Titel. Die lange Regentschaft von Mephisto mit Richard Lang findet hier ein Ende, auch wenn man in der Herstellergruppe den Titel kampflos zugesprochen bekommt. Überraschend ist vor allem die Hardware die Ed Schröder einsetzt - eine Steckkarte für PCs, die mit eigenem ARM2-RISC-Prozessor ausgestattet ist und somit unabhängig von der eingesetzen Peripherie. Die einzige Voraussetzung: ein freier ISA-Slot im PC.

Kurz nach der WM bringt die Fa. TASC dann die Steckkarte unter der Bezeichnung ChessMachine auf den Markt; mit großem Erfolg. Zuerst als kleine Version mit 16MHz, später auch mit doppelter Geschwindigkeit. Gerade die "schnelle" Chessmachine ist heute sehr gesucht.

Doch wo will man so ein Ding heutzutage einsetzen? Aktuelle PCs haben keinen ISA-Slot und eine alte Kiste mit Röhrenmonitor möchte man auch nicht extra in der Wohnung aufbauen.

Durch Zufall habe ich eines Tages einen historischen Laptop von 1989 entdeckt - einen T3200SX. Ein sogenannter "Schlepptop" mit rund 8kg Gewicht und 386/16MHz Prozessor. Damals das Nonplusultra! Wichtigster Punkt für mich war natürlich der Einbau meiner Chessmachine im rückseitigen Steckplatz. Beim Einschalten des bernsteinfarbenen, monochromen Plasma-Bildschirms überkommt einen sofort das Gefühl vergangener Zeiten. Über 20 Jahre hat dieses Ding nun auf dem Buckel, aber es funktioniert noch einwandfrei. Der Kontrast lässt sich über einen Regler an der Seite des Monitors einstellen. Kurz den Norton Commander per Diskette aufgespielt, ein paar Batch-Befehle eingegeben und los gehts......die Chessmachine startet.

Die aufgeräumte Oberfläche der Chessmachine hat mich damals schon fasziniert. Sehr sinnvoll gestaltete Menüführung, kein überflüssiger Schnick-Schnack. Nicht ohne Grund hat Ed Schröder diese dann später auch in seiner Rebel-Software weiterverwendet. Und das Beste: Das bis dahin recht unbekannte Programm The King von Johan de Koning gab es anfangs als kostenlose Dreingabe (Version 0.5). Recht schnell wurde von TASC aber das Potential von The King erkannt und eigenständig vermarktet. In der Version 2.0 konnte de Koning dann Platz 1 der wichtigen SSDF ELO-Liste übernehmen.

So bietet die Chessmachine mit Gideon und The King zwei sehr unterschiedliche Schachprogramme in einer Vielzahl von Versionen. Die Stärksten dürften dabei Gideon 3.1 - Weltmeister von Madrid 1992 - und The King 2.2 - identisch mit dem R30 2.2 - sein.
Ein kleiner Tipp: In Verbindung mit der Software TASCBASE, kann auch das SmartBoard und das neuere Programm The King 2.54 eingesetzt werden.

Der Erfolg der Chessmachine sollte sich dann auch in den Schachcomputern fortsetzen. Mephisto Risc 1MBSaitek RISC 2500 und TASC R30 sind letztendlich reine Umsetzungen.



Montag, 7. Mai 2012

Online Oldie Turnier 2012

Endlich! Es geht wieder los! Die Schachcomputer-Oldies dürfen wieder aus der Grabbelkiste geholt werden, denn wie bereits in den letzten Jahren findet ein Online Oldie Turnier statt auf Schachcomputer.info.

Bewährt hat sich für diese Austragung eine Abgrenzung nach ELO Einstufung, damit die Unterschiede in der Spielstärke nicht zu gravierend sind. Dies führte bislang immer zu einem spannenden Turnierverlauf. Für das Online Oldie Turnier 2012 sind folgende Gruppen gebildet:

U1950 - 15 Teilnehmer - bis 1950 ELO
U1600 - 11 Teilnehmer - bis 1600 ELO

Fidelity Elite A/S Glasgow 8MHz + GM Module
Was dieses Jahr besonders auffällt: Viele getunte Schachcomputer am Start aus der Schmiede von Steve Braid, wie der Sargon ARB 4.0 mit 16MHz laufend. Nach dem Turnier sollte hier eine erste ELO-Einschätzung vorliegen.

Selber bin ich mit einem Spezialumbau der Fa. RCS (ehemals Fidelity Deutschland) am Start - einem Elite Glasgow mit 8MHz getaktet. Doch nicht nur das, zusätzlich sind sämtliche Eröffnungsmodule aus der Enzyklopädie der Schacheröffnungen in dem Gerät verbaut worden. Mit rund 73.000 Halbzügen, war dies Mitte der 80er die mit Abstand größte Eröffnungsbibliothek für einen Schachcomputer.

Die 5 Eröffnungsmodule der Enzyklopädie sind analog zum Schachinformator aufgebaut; heißt eingeteilt von A-E. Bei Zugumstellungen in der Eröffnung, muss der Benutzer das entsprechende Modul wechseln, z.B. von Modul C nach Modul D. Wie wurde dies nun in dem Glasgow-Umbau gelöst?

Ganz einfach - per Drehschalter, ähnlich einer HiFi-Anlage der damaligen Zeit. Je nach entstandener Eröffnung, zeigt der Elite im Display das Modul an, welches noch weitere Eröffnungszüge im Speicher hat - siehe Foto: GS:0A.

Eine weitere Besonderheit ist die Einstellung F. Während A-E die Enzyklopädie darstellt und ein breit gefächertes Eröffnungsrepertoire bietet (manches mal auch mit eher zweifelhaften Zügen), scheint dies eine Option mit schmalerem Buch zu sein; vielleicht eine Art Turnierbuch. Bei Tests zeigte sich, dass der Elite Glasgow in dieser Einstellung nur mit 1.e4 eröffnet und keine Querverweise zu den anderen Modulen herstellt.

Ein wirklich seltsamer Schachcomputer.

Partien aus dem U1950-Turnier:

Partie 1: Elite Glasgow 8MHz - Elite Glasgow 1:0
Partie 2: Mephisto Mega IV - Elite Glasgow 8MHz 1/2
Partie 3: Saitek Analyst D 6MHz - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 4: Elite Glasgow 8MHz - Novag Emerald 0:1
Partie 5: Sargon ARB 4.0 16MHz - Elite Glasgow 8MHz 1/2
Partie 6: Fidelity Elegance 8MHz - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 7: Elite Glasgow 8MHz - Mephisto Supermondial II 0:1
Partie 8: Sphinx Galaxy - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 9: Elite Glasgow 8MHz - Saitek Simultano 0:1
Partie 10: Elite Glasgow 8MHz - Conchess S5 Glasgow 1:0
Partie 11: Elite Glasgow 8MHz - Conchess Monarch T8 0:1
Partie 12: Fidelity Excel 68000 - Elite Glasgow 8MHz 1:0
Partie 13: Elite Glasgow 8MHz - Mephisto Roma II 1/2
Partie 14: Elite Glasgow 8MHz - Fidelity Mach IIb 1:0